Wo Geld fließt, sind Hacker nicht weit. Die Gaming-Industrie gehört mit mehr als 300 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz zu den lukrativsten digitalen Märkten weltweit. Das weckt das Interesse von Cyberkriminellen, die durch Accountdiebstahl, Erpressung oder manipulierte Ingame-Währungen auf schnelle Gewinne aus sind. Doch es geht nicht nur ums Geld: Auch politisch oder ideologisch motivierte Gruppen nutzen Spieleplattformen als Spielfeld für ihre Angriffe.
Im Jahresvergleich zwischen dem zweiten Quartal 2023 und 2024 nahm die Zahl der Cyberangriffe um über 30 Prozent zu. Für das kommende Jahr rechnen Expertinnen und Experten mit einem weiteren Anstieg. Weltweit könnten die Schäden durch Cyberkriminalität bis Ende 2025 auf rund 10,5 Billionen US-Dollar anwachsen.
Besonders betroffen sind Multiplayer-Plattformen, bei denen eingeschleuste Angriffe Server lahmlegen, Login-Daten gestohlen werden oder virtuelle Währungen manipuliert sind.
Warum Angreifer gezielt Gamern und Multiplayer-Systemen zusetzen
Wer schon mal mitten im Match rausgeflogen ist, weiß: DDoS-Attacken sind längst Teil des Gaming-Alltags. In Multiplayer-Systemen wird nicht nur der Spielserver zur Zielscheibe, auch einzelne Accounts geraten zunehmend ins Visier. Über Phishing-Webseiten oder infizierte Mods schleusen Angreifer Malware ein und übernehmen im schlimmsten Fall Zugänge oder komplette Profile. Besonders tückisch ist Credential-Stuffing – also der automatisierte Versuch, gestohlene Zugangsdaten auf Gaming-Dienste anzuwenden. Was für einzelne Nutzer nervig ist, bringt ganze Serverparks aus dem Takt und bedroht sensible Zahlungsdaten.
Ein beliebtes Einfallstor: Peer-to-Peer-Verbindungen, wie sie bei vielen klassischen Multiplayer-Spiele für LAN-Party zum Einsatz kommen. Diese Systeme sind oft kaum geschützt, nutzen keine aktuelle Verschlüsselung und bleiben technisch weit hinter modernen Firewall-Standards zurück.
Genau solche Schwachstellen lassen sich ausnutzen – ähnlich wie bei professionellen Angriffen durch Gruppen wie APT28. Diese russische Hackergruppe nutzte 2023 eine Sicherheitslücke in Outlook für massive Netzwerkinfiltrationen. Übertragbar wäre das auch auf Gaming-Netzwerke, etwa wenn Ingame-Chats oder Updateprozesse nicht ausreichend abgesichert sind.
KMU, Indie-Studios und Communities sind besonders gefährdet
Noch immer glauben viele kleinere Studios und Community-Plattformen, sie seien zu unbedeutend, um ins Visier von Cyberangriffen zu geraten.
Dabei trifft es gerade KMU und Indie-Studios oft besonders hart: Kaum vorhandene Account-Sicherheit, fehlende Sicherheitsupdates und begrenzte Ressourcen machen sie zum leichten Ziel. Alte Forensysteme oder Launcher mit ungesicherten Schnittstellen sind weit verbreitet, meist, weil intern das Know-how fehlt oder das Budget nicht reicht.
Besonders Multiplayer-Titel mit eigener Serverstruktur sind gefährdet. Veraltete Update-Systeme und schlecht geprüfte APIs öffnen Tür und Tor für Supply-Chain-Angriffe über zentrale Zugangspunkte.
Andere Branchen agieren hier deutlich vorausschauender: Der Glücksspielbereich zum Beispiel legt besonderen Wert auf Sicherheit – nicht zuletzt, weil die Branche ein beliebtes Ziel für Hackerangriffe ist. Aus diesem Grund sind etwa Casinos mit Flexepin Zahlungsmethode so beliebt und weit verbreitet. Sie ermöglichen Einzahlungen ohne die Weitergabe sensibler Daten und bieten dadurch ein hohes Maß an Schutz und Diskretion.
Viel zu häufig reicht schon einfaches Passwort-Recycling oder ein öffentlich auffindbarer Entwicklerzugang, um Schaden anzurichten. In der Online-Gaming-Community herrscht noch immer ein fahrlässiger Umgang mit grundlegenden Sicherheitsstandards. Kein Wunder also, dass laut einer aktuellen Analyse bereits jeder dritte Internetnutzer im Jahr 2024 Opfer eines Cyberangriffs wurde – Tendenz steigend.
Sicherheitslücken in Cloud-Sessions und Online-Rollenspielen
Wenn beim Cloud-Gaming Millionen von Echtzeitdaten fließen, ist die Angriffsfläche besonders groß. Hacker setzen gezielt auf Techniken wie Session-Hijacking oder DNS-Manipulation, um laufende Verbindungen abzufangen und zu übernehmen.
In nicht verschlüsselten Umgebungen kann so schnell Kontrolle über ganze Sessions entstehen. Auch DDoS-Angriffe, die durch Bandbreitenauslastung komplette Server stören, gehören zu den typischen Bedrohungen. Eine einzige falsch konfigurierte Verbindung reicht dabei aus, um den Schadcode ins System zu bringen.
Besonders anfällig sind auch Online-Rollenspiele mit offenen Strukturen und lebendigen Wirtschaftssystemen. Durch automatisierte Bot-Netze lassen sich Ressourcen farmen oder Ingame-Märkte manipulieren, was das Gameplay und ganze Ökonomien aus dem Gleichgewicht bringt.
Noch kritischer wird es, wenn Teile der Cloud-Infrastruktur kompromittiert sind. Bei verteilten Systemen genügt ein einzelner infizierter Knotenpunkt, und schon folgt eine Kettenreaktion, die Spielbetrieb, Nutzerdaten und Serverstabilität gefährden kann. Besonders Streaming-Anbieter mit dezentraler Architektur müssen hier technisch aufrüsten, denn ohne robuste Firewalls und sauberes Session-Handling bleibt ein Einfallstor für gezielte Attacken ständig offen.
Was die Gaming-Industrie von Finanz- und Glücksspielsektoren lernen sollte
Wer Games betreibt, steht in Sachen Cybersicherheit zunehmend in der Verantwortung. Während Andere Branchen längst auf vorsorgliche Schutzmaßnahmen setzen, bleibt der Gaming-Bereich oft noch im Reaktionsmodus. Dabei ist das Risiko keineswegs kleiner – im Gegenteil: Die Schadenspotenziale sind vielerorts schon vergleichbar.
Ein Blick über den Tellerrand zeigt, wie es besser laufen könnte. Zwei-Faktor-Authentifizierung, sicheres Device-Monitoring oder geprüfte Zahlungsmodelle gehören in Finanz- und Glücksspielfirmen inzwischen zum Standard. In der Gaming-Welt setzen nur große Plattformen frühzeitig auf diese Sicherheitsstrategien.
Doch selbst scheinbar nebensächliche Informationen wie Login-Zeiten oder Freundeslisten können zur Gefahr werden. Angreifer nutzen Metadaten immer häufiger, um gezielte Social-Engineering-Taktiken anzuwenden – das macht nicht nur einzelne Spieler angreifbar, sondern auch die gesamte Spieleumgebung.
Wie sich die Bedrohungslage weiter verschärfen wird
Cyberattacken werden immer raffinierter, insbesondere durch den Einsatz von KI-gestützten Angriffsmodellen. In Multiplayer-Voice-Chats sind synthetisch erzeugte Identitäten mittlerweile realistisch genug, um sogar Stammspieler auszutricksen. Deepfakes mit täuschend echten Stimmen machen es Angreifern leicht, sich Zugang zu privaten Spielräumen oder Konten zu verschaffen. Gerade immersive Games mit Voice-Integration werden dadurch zu gefährlichen Einfallstoren.
Die Entwicklung ist rasant: Zwischen 2019 und 2023 hat sich die Zahl bekannter Deepfakes verfünffacht. Für 2025 werden mehr als 8 Millionen Täuschungsvideos erwartet – viele davon zielen gezielt auf Spieleplattformen ab. Interessanterweise starten die meisten Angriffsversuche gar nicht aufwendig, sondern simpel per E-Mail. Über 75 Prozent aller Attacken beginnen mit einer Nachricht, die aussieht, als käme sie von Mitspielern oder Ingame-Diensten.
Auch geopolitisch motivierte Gruppen wie APT28 sind aktiv und nutzen gezielt Schwachstellen in vernetzten Systemen. Um solchen Szenarien zu begegnen, wird auf EU-Ebene verstärkt am internationalen Austausch und einheitlichen Sicherheitsstandards gearbeitet – etwa für Login-Verfahren oder Monitoring-Systeme.
Denn im vernetzten Ökosystem aus Gaming-Plattformen, Werbenetzwerken und Bezahldiensten greift keine Insellösung mehr. Nur sektorübergreifende Strategien können größere Gefahren noch abfedern.